Zweiter Teil – „Geschichte des Impfens“

!!! Dieser Text ist in einer überarbeiteten Version unter www.eingeimpft.de zu finden. Diese Version ist nicht mehr aktuell !!!

 

 

[Dies ist der zweite Teil einer Serie zum Buch „Impfen Pro & Contra: Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung“ von Dr. Martin Hirte. Es geht um das Kapitel „Geschichte des Impfens“ Zur Einführung geht es hier entlang.]

Im ersten Teil habe ich Hirtes Einstellung zu Gesundheit und Krankheit hinterfragt und eine seine zentralen Thesen, nicht impfen schütze vor bestimmten Krankheiten, kritisch beleuchtet.

Zur Geschichte des Impfens nennt Hirte ausschließlich eine Quelle, das Buch „Impfen. Geschäft mit der Angst“ von Gerhard Buchwald. Herr Buchwald kann mit seinen Ansichten als Außenseiter angesehen werden. Er vertrat die These, nicht Impfungen sondern vor allem bessere Lebensbedingungen hätten zum Rückgang von Infektionserkrankungen geführt1. Diese Ansicht vertritt auch Hirte. Buchwald hat versucht, dieses Argument mit einer Grafik zu illustrieren, die den Rückgang der Maserntodesfälle vor Einführung der Impfung zeigt. Die Infektionen, die ein viel besserer Indikator für den Erfolg von Impfungen sind, hat er nicht dargestellt. So verzerrt Buchwald die Daten in der Art, dass sie sein Narrativ unterstützen.

In der Darstellung der Geschichte des Impfens betont Hirte immer wieder die Nebenwirkungen von Impfungen sowie die geringe Effektivität der Maßnahme, gerade zu Beginn der Impfungen Ende des 18. Jahrhunderts in Europa und den USA. Die Millionen von Menschenleben die seit Einführung der Impfungen gerettet wurden, werden weniger betont. Natürlich wurden Ende des 18. Jahrhunderts andere wissenschaftliche und leider auch ethische Standards angesetzt als heute. Das jedoch gegen die Impfungen von Heute ins Feld zu führen, ist unredlich. Und wenig konsequent, denn in der Wissenschaft und Medizin gibt es viele dunkle Episoden, von denen wir heute noch profitieren. Unsere Aufgabe ist, diese nicht zu wiederholen.

Nachdem er mit der Geschichte endet, schreibt er.

„Bei aller Euphorie über die erreichten Ergebnisse wird unterschlagen, dass die Gefährlichkeit der meisten Erkrankungen, ablesbaren an den Todesfall Statistiken, zumindest in den wohlhabenden Ländern schon vor Beginn der großen Impfprogramme deutlich rückläufig war. Hierzu trug vor allem der verbesserte Lebensstandard bei: bessere Wohnverhältnisse, bessere Ernährung, sauberes Trinkwasser und zunehmendes Hygienebewusstsein.“ (Seite 14)

Dazu nennt er keine Quelle und beruft sich vermutlich auf Buchwald. Buchwalds Aussagen sind bereits seit langem widerlegt. Außerdem ist es möglich, dass im Falle der Poliomyelitis eine Zunahme an Hygiene erst dafür gesorgt hat, dass die Erkrankung zum Problem wurde.

Hirte schreibt, die Todesfälle seien bereits vor der Einführung von Impfungen rückläufig gewesen. Er macht jedoch keine Angaben, wie viele tote Kinder im Jahr aus seiner Sicht tolerierbar wären, wenn man auf Impfungen verzichtet. 100? 1000? Das klingt zynisch, ist aber das, was aus Hirtes Aussagen folgt, nimmt man sie ernst.

„Mit der wachsenden Anzahl von Impfungen zeigte sich auch, trotz mangelhafter Erfassungssysteme für Nebenwirkungen, dass jeder Impfstoff neben harmlosen akuten Impfreaktionen auch schwere und im Extremfall lebensbedrohliche oder tödliche Nebenwirkungen haben kann. “ (Seite 14)

Leider nennt Hirte keine Quelle. Er nennt auch kein konkretes Erfassungssystem, obwohl er im Buch die Ergebnisse zumindest eines Erfassungssystems nutzt. Hirte erwähnt nicht die Beispiele in jüngere Geschichte, in denen die Erfassungssysteme, die man durchaus kritisieren kann, in der Lage waren, bei Impfstoffen Nebenwirkungen festzustellen. Zwei dieser Beispiele stelle ich hier etwas detaillierter vor, um deutlich zu machen, über welche Größenordnungen wir hier sprechen:

Im Rahmen der H1N1-Pandemie („Schweinegrippe“) wurde mit „Pandremix“ (bitte Update vom 29.09.18 beachten) ein  Notfallimpfstoff benutzt, um möglichst schnell, möglichst viele Menschen schützen zu können. Einige Monate nach der Verwendung von Pandremix gab Hinweise, das dieser bei einigen Menschen, überwiegend Kindern, eine Narkolepsie ausgelöst haben könnte. Es gibt 1300 Verdachtsfälle (!) in Europa (vor allem in Skandinavien) und 31 000 000 verabreichte Impfungen. Das bedeutet, dass bei 0,004% der geimpften diese Komplikation aufgetreten sein könnte. Aus diesem Grund wird der Impfstoff nicht mehr verwendet. Bereits 2011 wurde empfohlen, ihn nur noch bei Erwachsenen einzusetzen, weil vor allem Kinder von der Narkolepsie betroffen waren. In einem Review4, welches genau mit dieser Frage beschäftigt, kommen die Autoren zum Ergebnis, dass es im Moment noch unklar ist, ob Pandremix wirklich der Auslöser war oder es sich um eine zufällige Korrelation handelt.

2013 wurde ein Impfstoff gegen Rota-Viren (einer Durchfallerkrankung, die bei Kleinkindern selten zu Krankenhauseinweisungen führen kann) von der STIKO empfohlen. Diese Empfehlung wurde zeitweise zurückgenommen und der Impfstoff verändert.

„In den USA und Australien wurden bis zu sechs zusätzliche Fälle pro 100.000 Säuglingen pro Jahr bei einer Hintergrundinzidenz von 33 bis 101 Fällen pro 100.000 Säuglingen (unter einem Alter von einem Jahr) pro Jahr beobachtet.“

Von 100 000 Säuglingen hatten 6 mehr als erwartet eine Invagination (der Darm zieht sich in sich selbst, was sehr schmerzhaft und gefährlich ist und zu einer Operation führen kann). Aufgrund dieses erhöhten Auftretens wurde der Impfstoff zurückgezogen und verändert. Trotzdem wird das Phänomen weiter untersucht. Ich weiß, dass medizinische Interventionen ein Risiko in sich tragen2, doch ich finde es beruhigend, wenn bei 6 Fällen eines Symptoms, welches als Nebenwirkung auftritt, die bei 100 000 Kindern auftreten, von denen zwischen 33 und 101 ohnehin dieses Symptom bekommen, die „Mangelhaften Erfassungssysteme“ uns Bescheid geben. Aber natürlich hat Hirte Recht, es wäre besser, wenn wir noch früher davon erfahren würden.

„Mehr und mehr in den Blickpunkt geraten heute auch verzögert einsetzende, langfristige Nebenwirkungen durch Beeinträchtigung des Immunsystems und der Nervenentwicklung.“ (Seite 14)

Hirte bleibt an dieser Stelle sehr vage. Da er sonst sehr konkret und deutlich wird, wenn es um den Schaden von Impfungen geht, vermute ich, dass er nicht von konkreten Diagnosen spricht. Er spricht nicht von Nebenwirkungen, die wir messen können, sondern von Nebenwirkungen im Sinne der Anthroposophie. Spirituelle Nebenwirkungen. Es ist aber auch möglich, dass er sich an dieser Stelle auf Buchwald bezieht. Dieser hatte Impfungen auch für eine sehr große Anzahl von Problemen verantwortlich gemacht.

„Zur Erklärung zunehmender Dummheit und zunehmender Gewaltkriminalität brauchen wir nicht die ausgefallensten Theorien heranziehen, denn die Lösung liegt auf der Hand: Intelligenzverlust führt zur Kriminalität. Um es deutlich zu sagen: Ursachen dieser Entwicklung sind die Impfungen.“3

Auch den ökologischen Sinn von Impfungen hinterfragt Hirte.

„Die Nachhaltigkeit von Impfmaßnahmen wird in letzter Zeit auch dadurch in Frage gestellt, dass Krankheitserreger durch Wechsel bestimmter Eigenschaften gegen Impfstoffe resistent werden können, dass andere Erreger oder Erregertypen die entstandene »Lücke« auffüllen und überhaupt immer wieder neue Krankheiten auftauchen. Der Mensch ist Teil der Natur, und jeder Eingriff in die Natur kann unvorhergesehene Folgen haben.“ (Seite 14)

Das bedeutet, wir sollten eine Handlung unterlassen, weil wir nicht bereits heute von allen (!) Effekten wissen, die diese Handlung in der Zukunft haben wird. Mit dem gleichen Argument könnte man ein Großteil der infektiologischen und onkologischen Behandlungen unterlassen. Wer durch ein Antibiotikum eine schwere Lungenentzündung überlebt, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit alt genug, um Krebs zu bekommen. Heißt das dann, dass der Einsatz von Antibiotika für Krebs verantwortlich ist? Stellen wir Hirtes These vom Zusammenhang von Impfungen und Allergien auf den Kopf, wäre es auch möglich, dass die Kinder, die früher an Masern verstorben wären, heute durch Impfungen überleben, dafür aber anfälliger für Allergien sind. Das lässt sich zwar nicht belegen, aber möglich wäre es.

Doch ganz unrecht hat Hirte auch hier nicht. Wir wissen, dass Viren und Bakterienstämme gelegentlich tatsächlich „Lücken“ füllen. Das heißt jedoch nicht, dass Impfungen keinen positiven Effekt hätten. Das zeigen uns die Zahlen und dass wir viele „Kinderkrankheiten“ nicht mehr kennen und eben auch kein „Ersatz“ nachgekommen ist. Konkret müsste zum Beispiel die Lücke, die durch die Pocken entstanden ist, von einem anderen Erreger gefüllt werden.

„Zudem ist bei »Kinderkrankheiten« wie Mumps, Masern, Röteln oder Windpocken, deren weltweite Auslöschung kaum zu erzielen ist, langfristig der epidemiologische Wert der Impfung fraglich und könnte sich ins Gegenteil verkehren, wenn die Erkrankungen ins Jugendlichen- und Erwachsenenalter verschoben werden, mit einer sich daraus ergebenden Zunahme von Komplikationen.“ (Seite 14)

Es stimmt, nicht alle Erkrankungen werden durch Impfungen ausgerottet werden können, bei Masern und Poliomyelitis ist das jedoch zumindest theoretisch möglich. Es gibt ganze Kontinente, von denen beide verschwunden sind. In Nordamerika sind Masern jedoch wieder heimisch. Auch durch die Arbeit von Menschen, die ähnlich denken wie Martin Hirte.

„Dann hilft unter Umständen nur die Flucht nach vorne, wie wir es zurzeit bei Masern und vielleicht auch bald bei den Windpocken erleben: möglichst komplette »Durchimpfung« der Bevölkerung ohne die Option, jemals wieder aufhören zu können.“ (Seite 14)

Bei einige Erkrankungen ist das durchaus möglich. Ich persönlich finde diese Perspektive jedoch weniger schlimm als Angst haben zu müssen, dass meine Enkel einer vermeidbaren Erkrankung erliegen. Wir wollen auch nicht mehr aufhören, unser Wasser aufzubereiten, Strom herzustellen, unsere Wohnungen zu heizen, unsere Lebensmittel haltbar und keimarm zu halten. All diese Maßnahmen haben Nebenwirkungen, nur wenige von uns, wollen jedoch auch die Vorteile verzichten.

Hirte betont die Nebenwirkungen von Impfungen und stellt ihren Nutzen in Frage. Was die Nebenwirkungen sein sollen, bleibt in diesem Kapitel sehr vage. Folgt man seiner Logik, dass Kinderkrankheiten einen Sinn erfüllen und es Vorteile hat, sie durchzumachen und das Risiko, schweren Folgen ausgesetzt zu sein, lohnt sich, dann müsste man Impfen sicher nochmal hinterfragen. Wenn man jedoch der Ansicht ist, dass es besser ist, wenig Krankheiten zu haben und dass es noch genug Infektionserreger gibt, mit denen sich Menschen anstecken können, ergeben Impfungen weiter Sinn. Aber wir sind ja erst auf Seite 14 und Hirte wird im Verlauf konkreter werden.

  1. Konsequent zu Ende gedacht, müssten wir unsere Lebensbedingungen im Grunde wieder soweit verschlechtern, dass wir genau das richtige Maß an Infektionskrankheiten durchmachen, welche uns, laut Hirtes Thesen aus dem ersten Teil, vor Krebs und Allergien schützen.
  2. Es gibt eigentlich nichts, was kein Risiko innehat.
  3. Anita Petek-Dimmer. Rund ums Impfen AEGIS Verlag 2004 G. Buchwald. Nachwort zur 1.Auflage S 177
  4. Nguyen X-H, Saoudi A, Liblau RS. 2016. Vaccine-associated inflammatory diseases of the central nervous system: from signals to causation. Curr Opin Neurol. 29:362–371. „Taken together, a likely scenario giving rise to Pandemrix-associated narcolepsy could implicate a unique combination of a a-tocopherol-containing adjuvant, a specific viral sequence within Pandem- rix, genetic factors, and, possibly, an already primed immune system.“

 

Update 18.01.18: In einer ersten Version dieses Textes hatte ich die Verbindung von Pandremix als wahrscheinlich dargestellt. Aufgrund einer Rückmeldung habe ich den aktuellen Wissensstand eingepflegt. Egal was die am Ende stimmt, die Behörden haben reagiert, was gegen die Annahmen Hirte spricht.

Update 29.09.18: Es gibt Neuigkeiten zu Pandremix, leider keine guten. Die Geschichte zeigt mal wieder auf, dass noch einiges an Arbeit notwendig ist, bis die pharmazeutische Industrie angemessen reguliert ist. Mehr Details bei Herrn Kuhn.

3 Gedanken zu “Zweiter Teil – „Geschichte des Impfens“

  1. S.11 Die Darstellung der Geschichte von Edward Jenner ist für mich nicht richtig „Auch Jenners Sohn, der im Alter von zehn Monaten geimpft worden war, wurde nach der Impfung geistig behindert und starb mit 21 Jahren…“ Jenners 1. Sohn Edward Jr. starb mit 21 Jahren an Tuberkulose. Jenners 2. Sohn Robert (der mit 11 Monaten mit den Kuhpocken von seinem Vater Edward Jenner geimpft wurde) wurde 57 Jahre alt. Ich habe keine Belege gefunden, ob Edward Jr. ebenfalls mit 10 Monaten gegen irgendetwas geimpft wurde oder/und deshalb behindert war. Das Buch scheint aber zu implizieren, dass Jenner „von Zweifeln geplagt“ den Jungen Edward Jr. geimpft hätte und dies Behinderung und frühzeitigen Tod zur Folge hatte, weshalb er sich schuldig fühle (was nicht richtig oder mindestens für mich nicht belegbar ist).

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