Lasst uns über Statine streiten!
Statine sind Medikamente, die dafür sorgen, dass der Cholesterinspiegel im Blut sinkt. Die Einnahme von Stationen geht mit einer Reduktion der Mortalität von Herz- Kreislauferkrankungen einher (d. h. es sterben nicht so viele Menschen daran). Statine werden sowohl bei Menschen eingesetzt, die noch keinen Herzinfarkt hatten aber ein Risiko, als auch bei Menschen, die bereits einen hatte. Im ersten Fall spricht man von Primärprävention, im zweiten Fall spricht man von Sekundärprävention. Statine waren vor einigen Jahren in der Kritik, weil die Industrie, also die Pharmaindustrie, teilweise erfolgreich, versucht hat, die Indikation für ihre Medikamente deutlich auszuweiten. Es wurde empfohlen auch Menschen mit relativ niedrigem Cholesterinspiegel Statine zu geben. Mittlerweile ist die Diskussion ruhiger geworden und Statine werden differenzierter gesehen.
Glücklicherweise gibt es eine natürliche Alternative! Wobei das Wort „Alternative“ vielleicht etwas zuviel verspricht. Der so genannte „rot fermentierten Reis“, enthält natürlicherweise den Stoff Monacolin K. Monacolin K ist auch als Lovastatin bekannt und in Medikamenten enthalten, es ist ein Statin. Weil rot fermentierter Reis ein Naturprodukt ist, gibt es Menschen, die der Ansicht sind, dass es gesünder ist, damit den Cholesterinspiegel zu sorgen. Oft wird so etwas mit dem „komplexen Zusammenspiel“ der diversen Inhaltsstoffe in Naturprodukten begründet. Dafür gibt es zwar nur selten Hinweise aber es klingt gut. Manchmal ist es auch ein „harmonisches Zusammenspiel“.
Für rot fermentierten Reis wurde nun eine Studie unternommen in der dessen Wirkung mit der von Statinen verglichen wurde. Statine haben gewonnen. Das lag auch daran, dass der Wirkstoffgehalt im rot verschimmelten Reis stark schwankte. Man wüsste also nicht, wieviel Reis man zu sich nehmen müsste, um die erwünschte Wirkung zu bekommen. Da man einen erhöhten Cholesterinspiegel nicht spürt, gibt es, abgesehen von Laborkontrollen, keine Möglichkeit, die Wirkung zu überprüfen. Auch die Menge von Citrinin im Reis dürfte schwanken. Citrinin ist ein Gift – entschuldigung – eine natürlich vorkommende Substanz, welches von dem Pilz produziert wird, der den Reis zum rot fermentierten Reis macht. Citrinin gilt als krebserregend, vielleicht ist das dieses komplexe Zusammenspiel, das alle meinen?
Der schwankende Wirkstoffgehalt ist nur eines der Probleme, mit denen Nahrungsergänzungsmittel und alternative Medizinprodukte behaftet sind. Manchmal ist auch nicht klar, ob die behauptete Wirkung überhaupt auftritt, weil es keine Studien gibt. Manchmal sind auch Substanzen in Nahrungsergänzungsmittel oder alternativen Medizinprodukte enthalten, die nicht aufgeführt sind. Manchmal sind die Substanzen nicht enthalten, die aufgeführt sind. Obwohl die Einnahme dieser Produkte teilweise einer Lotterie entspricht, haben sie ein besseres Image als echte Medikamente. Medikamente in denen Substanzen in kontrollierter Menge enthalten sind, deren Wirkung unter kontrollierten Bedingungen überprüft wurden1.
Komischerweise finde ich ’natürliche‘ Arzneimittel bis heute sympathischer als ‚pharmazeutische‘. Trotz Medizinstudium und dem damit erworbenen Wissen. Trotz der Beschäftigung mit Pseudomedizin und den mangelnden Belegen für deren Wirksamkeit und die Belege für den Schaden den sie verursachen können. Ich würde zwar heute keine Nahrungsergänzungsmittel oder Phytopharmaka mehr schlucken, von magischen Arzneimitteln ganz zu schweigen, aber ich kann die Bedürfnisse verstehen, die dahinter stecken. Diese Bedürfnisse nach Natürlichkeit, Ursprünglichkeit und ‚ganzheitlicher Gesundheit‘ wissen die Hersteller zu nutzen und schlagen daraus Profit.
Der wirkliche Geniestreich liegt jedoch darin, dass sich eine ganze Industrie gegen jegliche Kritik immunisiert. Außerdem schafft sie es, die eigene Kundschaft dafür einzuspannen, Kritiker als von der „Pharmaindustrie gekauft zu denunzieren. Respekt. Und das obwohl die Industrie rund um „alternative“ Gesundheitsprodukte, Lobbyarbeit macht, wie jede andere Industrie. Im Gleichen Lobbyverband wie alle anderen Pharmahersteller. Obwohl sie Gewinne macht und obwohl sie, aufgrund laxer Kontrollen immer wieder Menschenleben gefährdet. Was auch immer man für ein Zeug nehmen muss, um das zu schaffen: Ich will das auch!!!
Oh…
- Ja, ich weiß. In diesem Bereich wird viel Schindluder betrieben. Und darum gibt es die Initiative alltrials.net, die sich dafür einsetzt, dass alle Daten von allen Studien, die jemals gemacht wurden, veröffentlicht werden. Wer diese Initiative nicht mindestens mit einer digitalen Unterschrift unterstützt, darf nicht über „die Pharmaindustrie“ schimpfen. ↩
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