Das würde ein hartes Gespräch, soviel war klar. Die Mutter schritt forsch in den Gesprächsraum und nahm den Raum ein und Platz. Ich durfte auch dabei sein, die Akte ihres Kindes unter dem Arm, das kleine Schild, welches mich als akademisch geschulten und mit den Weihen einer ärztlichen Approbation ausgestatteten Mitarbeiter auswies baumelte kraftlos an meiner Hose. Das Kind trottete langsam hinterher. Und sank in den Stuhl.
Mutti war nicht zufrieden mit der Entwicklung des Kindes, ganz und gar nicht, frech war es. Die Erklärung, dass nicht jedes, von ihr als Provokation erlebte Verhalten, als solche gemeint war und sich sogar oft, im Rahmen der Erkrankung des Kindes zeigen konnte, war zwar hervorragend, vom akademischen Standpunkt aus, kam aber nicht an. So gehe es zumindest nicht weiter, es müsse wirklich etwas passieren, vielleicht ein Medikament? „Wissen Sie, manchmal bekommt er dann einfach einen Klaps.“ Das, sage ich vorsichtig, auf eine konstruktive Zusammenarbeit bedacht, sei eine wenig angemessene Erziehungsmaßnahme und habe langfristig auch keinen Erfolg, druckse ich. Mein Schild ist für sie nicht sichtbar.
„Klar hilft das, danach klappt das immer ein paar Tage hervorragend.“ Die Beweisführung aus den Abgründen des deutschen Erziehungsalltags ist stringent und in dieser Form nicht zu widerlegen, mein Schild weiß zumindest keinen Rat. Erfahrungswissen ist einer datenbasierten Diskussion nicht zugänglich, schon gar nicht, Wissen, mit dem „schon vier Kinder groß gezogen“ wurden. Ob Sie nicht unser Elterntraining besuchen wollen, den Flyer hätte ich sogar zur Hand. Ganz klar, hier habe ich eine Grenze überschritten, mir müsste doch klar sein, dass der Weg zu uns nun wirklich weit sei und nur um sich da zwei Stunden etwas anzuhören…
Das mit den Pillen werde dann wohl nichts? Stimmt, sage ich, Medikamente, die erziehen, gebe es leider noch nicht. „Dabei ist das nun wirklich nicht so schwer!“ sagt sie mir lächelnd, bevor sie mit dem Kind an der Hand, das Zimmer verlässt. Mein Schild ist abgefallen und liegt auf dem Boden.
[Diese Geschichten könnten so oder ähnlich passiert sein. Ähnlichkeiten mit Personen, lebendig oder verstorben, sind zufällig oder eine überwertige Idee – gehen Sie mal zum Arzt!]