Manchmal bekomme ich Links geschickt, mit der Frage, ob diese oder jene Therapie etwas gegen Autismus sei. Meist sind es Diäten oder Vitaminpillen, nutzloses aber eher harmloses Zeug. Aber manchmal fällt mir auch einfach die Kinnlade runter:
Seit dem Jahr 2005 hat Beike Biotech über 150 Autismus Patienten mit Stammzellen behandelt.
Genau, eine Methode, die wenig erforscht ist, aber das Potential hat, Tumore wachsen zu lassen, wird an Kindern mit Autismus ausprobiert. Zur Behandlung muss man nach China reisen:
Neben der nachgewiesen Sicherheit der Behandlung sind wir auch von den Behandlungserfolgen überzeugt. Leider ist aus unterschiedlichsten Gründen diese Behandlung zur Zeit nicht in Europa oder in den USA möglich. Wer nicht darauf warten kann oder will, dass auch diese Länder das Potenzial einer Stammzellbehandlung erkennen, muss zu Beike Biotech nach China reisen.
Na, wenn Ihr überzeugt seit, muss sich die Reise nach China ja lohnen. Die Fallgeschichten sprechen ja für sich. Ein ziemlich sicheres Zeichen für Scharlatane im medizinischen Bereich sind Fallgeschichten um die Wirksamkeit einer Therapie zu belegen.
Die Menschen von Beike kennen sich so gut mit Autismus aus, dass sie sogar „bisherige“ Therapiemöglichkeiten nennen:
Die aktuellen Behandlungsformen lassen sich in entwicklungs- und ernährungsbezogene sowie medizinische Ansätze differenzieren, aber alle genannten Therapieformen sind limitiert. Gleichzeitig werden zahlreiche klinische Studien durchgeführt, die von hyperbaren Sauerstofftherapien über die Verabreichung von Zink und der Gabe von Medikamenten mit entzündungshemmenden Eigenschaften reichen. Da aber bedauerlicherweise die Krankheitsursache bis heute nicht gefunden werden konnte, werden die angesprochenen Behandlungsansätze mit unterschiedlichem Erfolg durchgeführt.
Kein Wort von Verhaltenstherapie und Strukturierung, dafür viele unseriöse Methoden. Die Botschaft lautet somit: „Wenn sie von bisherigen unseriösen Methoden enttäuscht sind, probieren Sie doch mal unsere unseriöse Methode. Wir spritzen ihrem Kind dafür ein Mischung unbekannter Substanzen mit unbekannter Wirkung ins Blut und ins Rückenmark. Wenn das nicht hilft, wissen wir auch nicht weiter.“
Gut auch, dass bis heute keine Ursache gefunden wurde, wir aber fröhlich drauflos injizieren. Immerhin, im Preis ist sogar der Flughafentransfer (nicht der Flug) enthalten:
Die Kosten für eine Behandlung liegen bei $17,500 bis zu $30,000. Die meisten Behandlungen kosten zwischen $18,000 und $26,000. Der Preis schließt neben der Injektion der Stammzellen auch den Flughafentransfer, alle bei Ankunft im Krankenhaus vorzunehmenden Tests und Untersuchungen, ein Krankenhauszimmer mit einem zusätzlichen Bett für den Betreuer des Patienten (…).
Alles was ich zu Stammzellen und Autismus finden konnte, ist Grundlagenforschung, die noch nicht den Sprung aus der Petrischale ins Tiermodell geschafft hat. Wer möchte, dass etwas für 20 000 Euro an seinem Kind ausprobiert wird, was seriöse ForscherInnen noch nicht mal Ratten zumuten, für den ist China das Land der Träume.
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